FRANZ ANTONICEK, der Altmeister der Tierfotografen, der Mann, der wie kein anderer die Donauauen bei Wien in Bilder fasste, ist am 21. März 2016 im 80. Lebensjahr verstorben.
Seit 1954 war er mit seinem kongenialen Partner Norbert Sendor an der Donau und an der March auf Fotopirsch – zu einer Zeit, als die Auen noch nicht von jedermann betreten werden durften und von einem Zaun umgeben waren. Das Fotografieren von Wildtieren war Leidenschaft und Abenteuer zugleich. Anfang der 1970er-Jahre sollten die Fotos der beiden enorme gesellschaftliche Bedeutung erhalten.
Im Zuge des Europäischen Naturschutzjahres 1970 rief der Polizist Anton Klein in seiner Eigenschaft als Obmann des Aquarienvereines „Zierfischfreunde Donaustadt“ eine Aktion zur Rettung der Lobau ins Leben: „Lobau darf nicht sterben!“. Es waren jene Tage, als in der Bevölkerung das Bewusstsein für den Wert der Natur erwachte und der Naturschutz eine politische Bedeutung erhielt.
Antonicek und Sendor wurden auf Klein aufmerksam, schlossen sich ihm an und versorgten seine Initiative mit damals unvergleichlichen Aufnahmen – direkt aus ihrem persönlichen Paradies.
1972 eröffnete Klein im Rahmen seines Vereines eine „Lobau-Ausstellung“, das spätere „Lobaumuseum“. Die Fotos der beiden Tierfotografen bedeckten alle Wände: Reiher, Hirsche, Kormorane: Bilder aus einer für die meisten Wiener fremden Welt.
Antonicek machte in der Kronen-Zeitung Stimmung für die Au: „Die Lobau ist das schönste Augebiet Mitteleuropas“, sagte er, „Ich kenne die ganze Donau bis hinunter zur Mündung. Nirgends gibt es so viele Tierarten wie hier, unmittelbar vor den Toren Wiens“ – der Beginn einer Entwicklung, die Jahrzehnte später zur Gründung des Nationalparks führen sollte.
1976 erschien das bis heute wichtigste und einflussreichste Buch über die Donauauen: „Grüne Wildnis am großen Strom“, verfasst von der Botanikerin Elfrune Wendelberger, zum Leben erweckt durch Fotos von Franz Antonicek und Norbert Sendor.
Sendors Lebensweg hielt ihn in der Folge aus beruflichen Gründen von den Auen weitgehend fern. Antonicek hatte es in seinem geregelten Dienstverhältnis als Leiter der Restaurierwerkstätte des Österreichischen Staatsarchivs leichter.
Neun Jahre später, nach der Au-Besetzung in Hainburg, hielt er in einem Buch über die Donauauen erstmals seine Gefühle fest:
„Genau weiß ich es selber nicht, weshalb es mich so sehr in die Au zieht. Vielleicht ist es angeboren, wenn mich bei dem Gedanken an die herrliche Wildbahn am Strom ein Glücksgefühl überkommt, das sich erfüllt, wenn ich die Auen betrete. Streife ich tagsüber durch diesen blühenden, duftenden Garten, so lasse ich „meine Seele baumeln. Wiegt mich der heimelige Gesang der Nachtvögel ins Land der Träume, so merke ich mir die Stellen, an denen ihr Lied erklungen ist.“
Antonicek sah sich nicht nur als Dokumentarist, sondern auch als Akteur: „Der einfühlsame Tierphotograph als Helfer der Jagd und der Wissenschaft und als überzeugender Verkünder des Naturschutzgedankens ist notwendig, ja unentbehrlich.“
Der Ökologe und ehemalige Direktor des Wiener Naturhistorischen Museums, Bernd Lötsch, schrieb: “In seiner stillen Meisterschaft ist Franz Antonicek einer der Beweger, deren unsere geschundene Umwelt so dringend bedarf”.
1997 fasste Antonicek sein Tun in der Zeitschrift des Niederösterreichischen Naturschutzbundes zusammen: „Die Jagd mit der Kamera erhöht die bewusste Wahrnehmung. Sie ist für mich das stimmungsvolle Mit- und Erleben der biologischen Lebensläufe, eine stille Verhaltensforschung der Wildtiere im Rhythmus der Tages- und Nachtstunden, begangen mit besonderer Vorsicht, um empfindliche Arten in ihrer Heimlichkeit nicht zu stören.“
In den 1990er-Jahren genoss er die weitreichende Anerkennung, bestückte zahlreiche Foto-Ausstellungen, Zeitschriften und Bücher und war bei mehreren Filmen der ORF-Sendereihe „Universum“ als Berater und Pfadfinder tätig. Er unterstützte die Entwicklung des Nationalparks Donau-Auen …
… stellte der Verwaltung unentgeltlich eine Fülle von Bildern zur Verfügung und trat einem Prominenten-Komitee bei, das sich gegen die Errichtung einer Autobahn durch die Lobau engagierte. Im Februar 2016 erschien zum letzten Mal zu seinen Lebzeiten ein Buch, das durch seine Fotos bereichert wurde: „Wildes Wien – das unglaubliche Tierleben in der Großstadt“ (Autor: Leopold Lukschanderl)
Antonicek hatte einen staubigen Humor, ein feines Lächeln und eine ebenso feine Beobachtungsgabe. Lauter, überschwänglicher Enthusiasmus war ihm fremd. Er präsentierte sich – lustvoll, aber durchaus verschmitzt – als harter Waldläufer, als Jäger und knöcherner Abenteurer.
Aber der Waldläufer hatte auch eine butterweiche Seite, die ihn manchmal selbst zu überraschen schien: „Seltene Blumen von bezaubernder Schönheit locken ausgerechnet mich, das auf die abenteuerliche Wildfotografie ausgerichtete Raubein, in ihre Nähe, um mich zwischen ihren bunten und schwer duftenden Blüten zu verlieren.“
An der Rückseite eines seiner neuesten Fotos unterzeichnete er 2015 eine Widmung mit den Worten: „ein dankbarer Dschungelkämpfer.”
Danke für die ausführlichen Worte.
Ich versuche seinen Weg weiterzugehen
Die Tochter